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Die Narzisse

Eine Kurzgeschichte von Karolina Holz

 

 

Es ist Frühling. In der Luft liegt der süßliche Duft von Blüten. Die bunte Wiese am Rande der stark befahrenen Straße ist voll mit den unterschiedlichsten Blumen.

 

Die meisten würden diese als Unkraut bezeichnen, wie zum Beispiel die schöne Kornblume.

 

Eine ist darunter, eine echte Blume, die es auch zum Kaufen gibt: die Narzisse.

 

Sie hat es aus irgendeinem Grund hier her verschlagen. Sie ist quasi immigriert. Für sie ist das alles neu. Die vielen Menschen, Hunde u.v.a. Die Autos und Busse, welche ihre Abgase an ihr auspusten.

 

 

 

Ein quirliger Terrier ist noch weit entfernt und jagt einer Frisbee Scheibe nach. Kunstvoll, fast akrobatisch springt er zwei Meter in die Luft und schnappt sich gekonnt die Plastikscheibe.

 

Das geht eine ganze Weile so und die Narzisse beobachtet das Spiel vergnügt.

 

 

 

Doch nach einer Stunde reicht es dem agilen Terrier und er schnüffelt wild in der Gegend umher.

 

Die Schnauze, ganz dicht über der Wiese von einem Grasfleck zum nächsten. Sein Schnüffelgestöber wird immer hektischer. Er scheint etwas zu suchen. Die Narzisse folgt dem, wie elektrisierten hyperaktiven Wesen. Nun hat er eine Fährte, die ihn in Richtung der schönen Blume steuert. Fast schon zielstrebig, mit der Schnauze dicht über dem grünen Feld, peilt er die Narzisse an.

 

Was passiert nun, muss sie sich Sorgen um ihr Wohl machen? Wird kleine Hund Gefallen an ihr finden? Maul auf, ein kleines Schnappen und das war´s?

 

 

 

Sie sieht den kleinen Teufel immer näher auf sich zulaufen. Vor ihrem inneren Auge läuft ihr kurzes Leben wie in einem Zeitraffer ab.

 

Die schwindende Schneedecke. Es wurde wärmer. Dann zogen die Temperaturen wieder an. Viele tollende Kinder sind an ihr vorbeigerannt. Immer ging es gut aus. Ein Mountain Bike hatte sie schon knapp überfahren.

 

 

 

Bei einem Unfall kam ein Auto von der Fahrbahn ab um einem betrunkenen wankenden Mann, der sich auf die Straße verirrte, auszuweichen. Das Auto kam einen Zentimeter vor der zarten Blume zum Stehen.

 

 

 

Und jetzt kam dieser kleine fiese Terrier auf sie zugelaufen und das soll es dann gewesen sein?

 

Inzwischen hat er sie erreicht. Vor ihr stehend beschnüffelt er sie dezent mit seiner fürchterlichen Schnauze. Vielleicht geht es doch noch gut für die filigrane Blume aus und nur ihr Duft hat ihn angelockt.

 

 

 

Der Hund wendet sich schon fast wieder ab. Doch Moment, er dreht sich mit seinem Hinterteil Richtung Narzisse. Mit seinen Hinterbeinen geht er in die Hocke. Um den richtigen Winkel für seine Kackstellung zu finden, richtet er seine Hinterläufe in kleinen zackigen, schnell tippelnden Bewegungen näher an die Pflanze.

 

 

 

„So eine Scheiße“ denkt sich die zarte, hübsche gelbe Narzisse.

 

Und genau das passiert in diesem Moment auch .....

 

…. Ein großer dampfender brauner Haufen Scheiße.